Archiv der Kategorie: Japan 2022

Tohoku

Die nördlichste Region Honshus. Da ich ja bereits in Kyoto war und zwei Tage mehr Zeit hatte, als gedacht, habe ich beschlossen, den Norden zu erkunden.

11.08. Fukushima
Der Shinkansen nach Fukushima fuhr um 10.00 Uhr in Tokyo ab. 90 Minuten später war ich bereits angekommen. Erst einmal dem Rucksack in ein Schließfach gesteckt (den Koffer habe ich im Tokyo gelassen) und ab zur Touristeninfo. Die Frau dort war super nett und hat mir zwei Sachen vorgeschlagen. Ich wollte aber erst einmal eine Runde durch die Stadt laufen, bin also raus und habe mich 30 Minuten später wieder auf den Rückweg zum Bahnhof gemacht. Es war unerträglich heiß und ich hatte das Gefühl, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Am Bahnhof also ein bisschen abgekühlt, dann den Bus zum Ogura-tei genommen. Wurde glaube ich mal für einen Banker gebaut – Tatami-Räume, die man mieten und kostenlos betreten kann. Dort waren zwei Frauen und drei Kinder, mit denen ich mich dann unterhalten habe, weil die Kinder des von fasziniert waren, einen Ausländer zu sehen. Danach bin ich zurück zum Bahnhof gelaufen. Es war immer noch super heiß, aber um einiges erträglicher als in der Mittagssonne.

Einer der Tatami-Räume im Ogura-tei


Dann habe ich geguckt, wie ich nach Sendai komme, wo mein Hotel war. Inzwischen war 16.30 Uhr. Ich könnte den Shinkansen nehmen, der nur 20 Minuten braucht, oder einen Autobahnbus, der 80 Minuten braucht, wo ich aber weniger als die Hälfte zahle. Also runter zum Bussteig, in den Bus und da erst mal geschlafen. Wenn es so heiß ist, kann man den ganzen Tag schlafen – mehr dazu später.

Der Bus war schnell. Nach knapp einer Stunde in Sendai angekommen, 1.300 Yen bezahlt und zum Hotel gegangen. Kurz eingecheckt und dann Abendessen gesucht. Es wurden mal wieder Ramen. Zufällig welche, die halal sind. War ganz lecker.

12.08. Sendai
Nach dem Frühstück zum Bahnhof. Für Sendai hatte ich einen Plan, was ich sehen wollte. Dort gibt es den „Loople“, einen Sightseeing Hop-on, Hop-off Bus, der einige der Sehenswürdigkeiten abfährt. Da am Donnerstag ein Feiertag war und über das Wochenende Obon – ein buddhistisches Fest – gefeiert wurde, waren viele Leute in Sendai. Jedenfalls gehe ich davon aus, dass das der Grund ist, warum so viele mit dem Bus gefahren sind. Vielleicht ist der auch immer so voll.
Der erste Stopp, bei dem ich ausgestiegen bin, war das Mausoleum des Gründers von Sendai. War jetzt nicht so besonders, wie ich gedacht habe. Es war im 2. Weltkrieg zerstört und danach wieder aufgebaut worden.
Danach zur Burg Sendai. Die auch im Krieg zerstört, aber nicht wieder aufgebaut worden war. Das habe ich aber erst erfahren, nachdem ich es gegoogelt habe, weil ich die blöde Burg nicht gefunden habe. Dort gibt es auch ein Virtual Reality Museum zu der Geschichte der Burg, doch das Geld dafür habe ich mir gespart.

Auch wenn es keine Burg mehr gibt, war die Aussicht schön

Dann habe ich einen kurzen Halt am Figure Skating Monument gemacht, das zu Ehren der Eiskunstläufer ist, die aus Sendai stammen und schon ein mal Weltmeister – und mehr – geworden ist. Der aktuell wohl bekannteste Eiskunstläufer, Yuzuru Hanyu (Weltmeister: 2014, 2017; Olympiasieger: 2014, 2018) stammt aus Sendai, hat allerdings dieses Jahr seine Karriere im Alter von 27 Jahren beendet. Er ist der erste Mensch, der einen vierfachen Axel (4,5 Rotationen in der Luft) gestanden hat, der in einem Wettkampf als gültig erklärt wurde.
So, genug vom Eiskunstlaufen.
Danach zum Osaki Hachimangu Schrein. Im Bus haben fast alle geschlafen. Ich habe ja gesagt, dass man bei dem Wetter eigentlich nichts anderes machen will. Anschließend zu der 100 Meter großen Buddhastatue etwas außerhalb der Innenstadt.


Dann wieder zurück und Essen gesucht. Es gab… Nudeln (Abura Soba). Im Hotel habe ich dann später noch die Gurke gegessen, die mir eine der Frauen in Fukushima geschenkt hatte.

13.08. Aomori
Um 10.43 Uhr (mit zwei Minuten Verspätung) habe ich den Zug nach Aomori genommen. Eigentlich wollte ich zuerst nach Morioka, was zwischen Sendai und Aomori liegt, allerdings steuerte grade ein Taifun auf den Norden zu und laut Vorhersage sollte er größtenteils an Aomori vorüberziehen. Deswegen bin ich so weit in den Norden geflohen, wie möglich. Dort angekommen, bin ich erst mal in ein Gebäude gegangen, das eine Aussichtsplattform hat. Von da konnte man sogar Hokkaido sehen. Dass die Insel 100km entfernt ist, habe ich nicht erwartet. Bei Google Maps sieht das alles immer viel näher aus.

Aussicht auf das Meer von dem Gebäude. Das im Hintergrund ist nicht Hokkaido. Die Insel sieht man auf den Fotos leider nicht.


Es war überraschend „kühl“ mit angenehmen 28 Grad. Ich wollte gar nicht mehr in den Süden, weil ich wusste, dass es da wieder viel heißer sein würde.
Danach ging es zu einem Schrein und danach zum Shiko Munakata Museum. Das Museum habe ich über Google Maps entdeckt und ja… Shiko Munakata war ein Künstler. Das Museum war ein einziger Raum. Und ich Held, habe auf die Frage, ob ich Studentin bin, natürlich nein geantwortet (stimmt ja auch noch), sodass ich den vollen Preis (550 Yen) zahlen durfte.
Danach habe ich den Bus genommen, um zum Sannai Maruyama zu kommen. Dabei handelt es sich um einen Fundplatz von Siedlungsüberresten aus der frühen bis mittleren Jomon-Zeit (14.000 bis 300 v.Chr.), der Vorgeschichte Japans. Dieses mal habe ich die Studenten-Frage bejaht und 300 Yen gespart.

Komisches Gerüst bei Sannai Maruyama


Zum Abendessen gab es Yakitori (Hähnchenspieße). Die, die ich hatte, waren Chicken Wings mit Sojasauce, war okay.
Ich weiß nicht, was es war, aber Aomori hat es mir angetan. Wegen Obon (einem buddhistischen Fest) hatten zwar so gut wie alle Geschäfte zu, doch das, was ich von der Stadt gesehen habe, war dennoch sehr schön.
Auch wenn es für mich wohl für längere Zeit nichts wäre, weil sehr viel von dem Essen aus dem Meer kommt.

14.08. Morioka
Ich habe extra etwas früher aus dem Hotel ausgecheckt, um eher in Morioka anzukommen. Nur um rauszufinden, dass fast alle Züge (die Öffis, nicht der Shinkansen) ausfallen, wegen des Taifuns. Von dem hat man in Aomori tatsächlich nichts mitbekommen. Abends waren viele dunkle Wolken am Himmel, doch es hat nicht geregnet und war auch nicht übermäßig windig. In Morioka war das Wasser im Fluss total braun und sehr hoch, aber sonst hat man davon auch nicht viel gesehen.
Also den Zug genommen, der um 10.20 Uhr gefahren ist, den Shinkansen um 11.00 Uhr und dann war ich um 12.00 Uhr auch schon in Morioka. Im Touristencenter gefragt, was ich mir anschauen soll.
„Diese Sachen empfehlen wir. Nimm einfach den Bus bis zu der Station.“
Es waren 1,3km. Zu Fuß laut Google 13 Minuten, mit dem Bus 10. Selbstverständlich bin ich gelaufen.
Zuerst zu den Ruinen der Burg von Morioka, danach in das Museum, das daneben ist. Da war ich allerdings sehr schnell durch, weil quasi nichts auf Englisch war. Danach zur ehemaligen Bank, gebaut aus rotem Backstein. Sticht sehr heraus, weil man Backstein eigentlich nie in Japan sieht.

Die Bank

Kurze Pause gemacht und zwei Donuts gegessen (solche Sachen schmecken in Japan nach fast nix, finde ich), von einer alten Omi (76) angesprochen worden und einen Fächer geschenkt bekommen, und dann weiter. Einem Baum passiert, der seit ca. 350 Jahren durch einen Stein hindurch wächst (und vor dem Gericht steht, deswegen gilt er als Symbol, dass nichts unmöglich ist, wenn sogar ein Baum einen großen Stein spalten kann) und anschließend Jajamen – Nudeln, wer hätte auch was anderes erwartet – gegessen.

Der Kirschblütenbaum, der einen Stein spaltet

Eigentlich wollte ich noch auf eine Aussichtsplattform, aber die nächsten waren fast 3km entfernt und mit dem Bus wäre ich nicht viel schneller gewesen als zu Fuß. Im Internet auch nichts zu einem Gebäude mit Aussichtsdeck gefunden. Also zurück zur Touristeninfo im Bahnhof und nachgefragt. Zu meinem Glück steht direkt neben dem Bahnhof das Malios, ein Hochhaus, dessen 20. (für uns Deutsche wäre es die 19. weil es kein Erdgeschoss gibt) Etage kostenlos begehbar ist. Also da hoch, die Stadt und die Berge von oben angeschaut und wieder runter. Den Berg/Vulkan Iwate konnte man nur halb sehen, die Spitze war hinter den Wolken versteckt.

Morioka von oben


Zum Abschluss habe ich um 17:41 Uhr den Shinkansen zurück nach Tokyo genommen, in dem ich noch sitze. Damit ich morgen keine vier Stunden bis nach Osaka brauche, habe ich beschlossen, heute nach Tokyo zu fahren. Und so kann ich noch meinen Koffer abholen, wenn ich Glück habe und das Büro dann noch auf hat. Die Schließfächer im Bahnhof kann man nämlich nur drei Tage belegen, dann werden die geleert und die Sachen wo anders im Bahnhof gelagert. Bin mal gespannt, wie viel mich das kostet.

So schnell gehen vier Tage auch schon wieder rum. Und was nehme ich daraus mit? Der Norden ist wirklich schön. Die wenigsten Touristen machen einen Abstecher dahin, sondern nehmen die typische Route in den Süden. Überall sind Berge (die gibt es im Süden auch), aber da gibt es nicht so viele hohe Hochhäuser. Und es ist ruhiger (kann natürlich an Obon liegen). Im Sommer ist es nicht ganz so heiß wie im Süden und im Winter liegt dort Schnee. Jede Stadt hat ihren eigenen kleinen Charme. Und wenn man im Sommer kommt, sieht man auch noch die Figuren etc. der Feste, die häufig im Sommer stattfinden. Leider waren die alle Anfang August, sodass ich davon keins miterleben konnte.

Hier noch einmal meine Route

Wer mehr als einmal nach Japan kommt, sollte also auf jeden Fall einen Abstecher in diese Region machen.

Jetzt sind es noch fünf Tage, die ich hier habe. Am sechsten fliege ich schon wieder nach Hause.
Geplant sind noch Osaka, Nara und Hiroshima.

またね
Ina

Die letzten Tage des Praktikums

Willkommen zurück.
Da mein Praktikum nun vorbei ist, ich aber noch eine Woche in Japan bleibe, dachte ich, fasse ich hier die letzten Tage und meinen Abschlussbericht zusammen.

Bevor es am Montagmittag in Kyoto zu dem Kunden ging, hatte ich noch etwas Zeit totzuschlagen. Checkout im Hotel war um 10.00 Uhr, zum Mittagessen mit Takeo und Tatsuya war ich aber erst um 11.30 Uhr verabredet. Also habe ich beschlossen, den Kyoto Tower zu besteigen.
Seine Aussichtsplattform in 100 Metern Höhe ist mit dem des Skytree in Tokyo (350 bzw. 450m) ein Witz, doch er wurde auch 1964 fertiggestellt. Also ein Ticket für 800 Yen gekauft und hoch. Obwohl er erst um 10.30 Uhr öffnet, wollten schon relativ viele Leute dort hin. Hauptsächlich Familien mit Kindern. Von dort hat man eine gute Aussicht auf Kyoto mit vielen kostenlosen Fernglaäsern, durch die man sogar die Menschen und das Windspiel beim Kiyomizu-dera Tempel beobachten kann. Es gibt sogar Touch-Panels, die einem die Sehenswürdigkeiten zu unterschiedlichen Tageszeiten zeigen und Infotexte haben. So etwas fehlt beim Skytree.

Bei gutem Wetter (wenn es nicht so schwül ist) kann man bis nach Osaka sehen. Ich konnte die Stadt zwischen zwei Bergen erahnen.

Dann hieß es ab zum Bahnhof und Mittagessen. Es gab… Okonomiyaki. Ein Gericht, das ich noch mindestens zwei weitere Mal essen werde, in Osaka und Hiroshima.
Um noch etwas Zeit totzuschlagen (das Treffen mit dem Kunden war erst um 13.30 Uhr), sind wir auf das Dach des Bahnhofs gegangen. Neben dem Kyoto Tower womöglich das zweithöchste Gebäude. Wer sich die 800 Yen Eintritt also sparen möchte, kann auch dort hin gehen.

Ab ins Auto und zu…Nintendo! Die Halle des Kunden war nämlich in der Nähe. Dort haben sie mir kurz die Maschine gezeigt, um die es ging und für die womöglich ein Ersatz hersoll.
Danach in das Büro des Kunden, der nichts von seinem Glück wusste, dass ich dabei war. Doch das machte ihm nichts aus.

Am Freitag hatte Takeo zu mir gesagt, dass ich sehen werde, wie solche Gespräche in Japan ablaufen und dass ich es mit Deutschland vergleichen könnte.
Natürlich haben sie auf Japanisch geredet, doch sehr oft wurde auf mich gezeigt. Smalltalk also. Immer wieder wanderte mein Blick zur Uhr. Erst 10, dann 20, dann 30 Minuten und es ging teilweise immer noch über mich. Takeo macht sich einen Spaß daraus, dass man mich mit Kartoffeln und Schokolade glücklich machen kann – wahrscheinlich erzählt er das jetzt jedem. Es ging also um mich, meinen Vater, das Wetter und das Essen in Deutschand – zumindest ist es das, was ich verstanden habe und wo sie mir auch ein paar Fragen zu gestellt haben.
Nach einer halben Stunde fragte Takeo, ob es in Ordnung wäre, wenn wir zusammen vor der Maschine ein Foto machen wuerden. Also ab nach draußen.

Takeos Worte: „Den Helm musst du anziehen, weil sonst dein Vater böse mit mir wird.“


Danach ging es zurück in das Büro und ich habe gedacht „Jetzt gehen die eigentlichen Verhandlungen los.“ Wir hatten keine zwei Minuten gesessen, dann standen sie wieder auf und verabschiedeten sich.
Im Auto wurde klar: es waren keine 30 Minuten Smalltalk gewesen. Der Kunde müsse erst auf die Rückmeldung der Stadt warten, ob er sich einen neuen Schredder kaufen dürfe. Die Genehmigung hatte er vor 20 Jahren, aber die würde wohl nicht für eine neue Maschine gelten.
Für mich klang das ein bisschen nach einer Ausrede, aber wer weiß, wie das hier ist.

Takeo hat Tatsuya und mich zurück zum Bahnhof gebracht und dort haben wir dann um 14.30 Uhr den Shinkansen nach Kawasaki genommen. Diesmal in der 1. Klasse mit der Begründung, dass ja die Firma das Ticket bezahlt.

Damit war dann auch schon meine Zeit in Kyoto vorüber.

Dienstag und Mittwoch bin ich ins Büro gegangen, habe dort weiter an meinen geliebten Excellisten gearbeitet. Und dann war das Praktikum auch schon vorbei.
Donnerstag (heute) ist ein Feiertag in Japan und Freitag hat die Firma einen Brückentag, weswegen gestern mein letzter Tag war. So schnell vergehen 2,5 Wochen.
Es war doch anders, als ich mir vorgestellt habe. Angefangen damit, dass nur vier der neun Kollegen ins Büro in Kawasaki kommen (und das nicht mal jeden Tag, weil sie ja hauptsächlich von zu Hause arbeiten), ein paar weitere beim Lager in Yokohama sitzen und Takeo im 450km entfernten Nara wohnt. Ausserdem wird im Büro kaum miteinander gesprochen. Während man bei uns in Deutschland gerne mal ein privates Pläuschen hält, gibt es das hier nicht. Wenn geredet wird, dann nur über die Arbeit.
Die Arbeitszeit ab 10.00 Uhr ist aber super entspannt. Ich hatte mich schon darauf eingestellt von 9.00 bis 18.00 Uhr oder so im Büro rumzusitzen.
Und: so viele englischsprechende Japaner habe ich bisher noch nicht auf einem Haufen gesehen!! (Es waren maximal vier Leute gleichzeitig.)
Aufgabentechnisch hatte ich keine Erwartungen, wahrscheinlich bin ich die erste Praktikantin, die sie hier überhaupt hatten, und war froh, dass es überhaupt etwas sinnvolles für mich zu tun gab. Deswegen habe ich mir auch keine wirklichen Lernziele gesetzt. Mein technisches Verständnis für die Maschinen ist vielleicht ein bisschen besser geworden. Da die Schredder oft Unikate sind, ist es schwer, sich das Aussehen vorzustellen. Ein Modell von der Firma selbst habe ich daher leider nicht gesehen. Allerdings weiß ich, dass sie große sind – das kann man sich ausmalen, wenn man einzelne Teile im Lager sieht. Aber groß müssen sie auch sein, immerhin werden da teilweise ganze Autos reingeworfen.

Somit habe ich einen nicht ganz so tiefen Einblick in die Arbeitswelt bekommen, wie ich gehofft hatte, aber Tatsuya hat sich immer bemüht, mich überall mit einzubeziehen.
Ingesamt waren alle super lieb (wobei das bei Japanern auch Fassade sein kann. Es macht einen großen Unterschied, ob sie höflich oder freundlich sind. Schlagwort: honne und tatemae.) Aber zumindest kam es mir immer so vor, als wäre das ehrlich gewesen.
Was ich mir vorgenommem habe, nicht zu direkt zu sein, hat glaube ich nicht ganz sooo gut funktioniert. Ihr war halt immer ehrlich. Aber da die meisten Gespräche privater Natur waren, hätte ich es da wohl auch nicht viel anders machen können. Da sie aber alle mit Europäern arbeiten, kennen sie das bestimmt. Und ich hatte auch nicht das Gefühl, jemanden gekränkt zu haben (kann natürlich trotzdem sein). Erfahren werde ich es wahrscheinlich nie.

Die offene Frage war noch: wie sieht es mit dem Umweltschutz aus?
Owada wusste letzte Woche keine spontane Antwort und Tatsuya musste auch etwas nachdenken. Sie versuchen ein papierloses Büro zu werden und Drucken nicht viel (davon sind wir in Deutschland weeeeeeeeeeeeeeit entfernt), haben Recyclingpapier und trennen den Müll. In Japan werden Plastikflaschen nämlich separat entsorgt, damit sie recycelt werden können. Für Geschäftsreisen innerhalb Japans wird hauptsächlich der Shinkansen benutzt. Immerhin ist das meistens die schnellste und trotz der relativ hohen Preise auch die günstigste Verbindung. Autobahnen sind nämlich Mautpflichtig und haben eine Geschwindigkeitsbegrenzung von maximal 100km/h. Die Klimaanlage im Büro können sie nicht selbst regulieren, sodass sie dadurch keinen Strom sparen könnten, wenn sie wolten.

In diesem Fall macht man sich also relativ wenig Gedanken um den Umweltschutz bei der Arbeit, verglichen mit Deutschland. Aber es gibt mit Sicherheit auch japansiche Unternehmen, die da aktiver sind.
Immerhin machen wahrscheinlich auch genug deutsche Firmen nichts oder wenig dafür.
Beide Unternehmen könnten sich also die ein oder andere Sache bei dem jeweils anderen abgucken.

Sooo. Ich sitze jetzt im Shinkansen auf den Weg in den Norden. Mein erstes Ziel ist Fukushima (von der Stadt zum Atomkraftwerk sind es knapp 80km), dann kommt Sendai. Ob ich mich dann noch weiter in den Norden Honshus (Morioka und Aomori) aufmache, entscheide ich spontan (da soll das Wetter aktuell nicht so toll sein). Montag geht es nach Osaka und Nara und Hiroshima bildet den Abschluss meines Monats in Japan.

Die ersten 2,5 Wochen sind super schnell vergangen und wenn ich ehrlich bin, habe ich gar keine Lust Ende nächster Woche schon wieder nach Hause zu fliegen und wieder arbeiten zu gehen. Es ist viel entspannter hier zu sein und durch die Gegend reisen zu können. Aber irgendwann hat leider alles ein Ende.

またね

Ina

Einblicke in Kyoto

Für mich heißt es Halbzeit. Morgen startet die letzte Woche des Praktikums, danach bleibe ich noch eine weitere Woche hier.

Am Freitagmorgen bin ich nach Kyoto gefahren, wurde dort am Bahnhof von Takeo und dessen Frau (deren Namen ich leider nicht mehr weiß) abgeholt. Sie kann kein Englisch, war aber trotzdem total süß.
Wir haben mehrere Tempel und Schreine besichtigt und uns viel unterhalten.
Zuerst ging es zum Byodo-in, einem buddhistischen Tempel, der auf der Rückseite der 10 Yen Münze abgebildet ist.
Danach zum Fushimi Inari Taisha, einem Shinto-Schrein.
Das richtige Beten ist hier um einiges komplizierter als bei uns Christen.

Der Byodo-in

In Japan gibt es zwei große Religionen: Shinto/ Shintoismus und Buddhismus. Der Shinto ist Japans eigene Religion, bei der viele verschiedene Götter angebetet werden und der hauptsächlich mündlich überliefert wird.
Die Urgötter, die Japan erschaffen haben, sind Izanagi und Izanami, dann folgt die Sonnengöttin Amaterasu, der Mondgott Tsukuyomi und der Sturmgott Susanoo. Wer Naruto kennt, dem kommen diese Begriffe alle sehr bekannt vor.
Das einzige, wie ich die Tempel und Schreine der unterschiedlichen Religionen auseinanderhalten kann, ist: Shinto Schreine haben Torii, buddhistische Tempel nicht.

Die Japaner können also sowohl dem Shinto als auch dem Buddhistischen angehören, so ist es bei Takeo und seiner Frau.
Als wir vor dem Torii am Fushimi Inari Taisha standen, erklärte er mir, dass sie beide nicht hindurch sondern daran vorbeigehen würden. Da im Mai die Mutter seiner Frau gestorben ist, betet Buddha das nächste Jahr für sie. In dieser Zeit dürfen sie durch kein Torii gehen, da sie dadurch irgendwie doppelt beten würden und das nicht gut ist.
Soweit so gut, mag man denken. Bis man weiter hoch geht, denn dann kommen sie, die 1000 roten Torii. Dafür ist der Schrein berühmt. Eins nach dem anderen stehen sie dort. Als Takeo mich gefragt hat, ob ich ein Stück nach oben gehen will, sagte ich ja. Ich dachte, die beiden würden warten, doch sie sind mir gefolgt. Da es nebendran keinen Weg gab, sind sie ebenfalls durch die Tore gegangen. Ein schlechtes Gewissen hatte ich schon, dass sie diese Regel nun wegen mir gebrochen haben. Später am Tag sind sie aber an jedem Torii vorbei gelaufen, bei dem es möglich war.

Der Weg mit den Torii beim Fushimi Inari Taisha

Wir sind nicht ganz nach oben auf den Berg gegangen, das hätte ich gerne heute nachgeholt, aber dafür hatte ich keine Zeit mehr. So leer wie aktuell ist es in Kyoto wahrscheinlich nie wieder. Und der Fushimi ist eine der beliebtesten Sehenswürdigkeit überhaupt in ganz Japan. Viele Menschen sind wahrscheinlich über das Wochenende nach Hiroshima gefahren, da sich am Samstag der Atombombenabwurf dort gejährt hat. Und es sind eben nicht so viele Touristen hier. Und es ist Sommer…

Danach ging es knapp eine Stunde durch halb Kyoto auf einen Berg zum Hiezan Enryakuji Tempel (buddhistisch). Von einem Punkt da oben hat man eine tolle Aussicht auf Kyoto, den Biwako See und die angrenzende Präfektur Shiga. Und ich habe kein Foto gemacht 😭
Da wird aktuell ein Tempel renoviert, was wohl mehrere Jahrzehnte dauert. Um diesen wurde eine Halle gebaut, dennoch kann man ihn betreten.
Da oben durfte ich auch eine der berühmten Glocken läuten. Die Dinger hallen ziemlich lange nach.

Besagte Glocke

Wieder den Berg runter und kurz zum Nishiki Markt, einer langen, schmalen Straße, mit vielen Essensläden. In Kyoto sind saure Gurken sehr beliebt. Die gibt es hier in allen Variationen und sogar in pink. Teilweise essen die Gurke am Stiel.

Danach ging es zu einem Restaurant Abendessen. Es gab Yu-Tofu, auch traditionell für Kyoto. Man erhitzt Tofu in heißem Wasser und dippt ihn in spezielle Sojasauce. Dazu gibt es mehrere kleine Beilagen.

Yu-Tofu mit Gemüsetempura, Reis und einer Nudelsuppe (der Tofu ist auf diesem Bild nicht zu sehen)

Dann war der Tag auch schon vorbei. Die beiden haben mich zurück zum Hotel gebracht und wir haben uns verabschiedet.

Am Samstagmorgen habe ich mir im Hotel kostenlos ein Fahrrad ausgeliehen und bin damit den ganzen Tag durch ganz Kyoto gefahren. Die meisten Sehenswürdigkeiten sind nur wenige Kilometer auseinander. Also habe ich die meisten von meiner Liste an einem Tag geschafft. Kaiserpalast, Heian-jingū Schrein, Nanzen-ji Tempel (vor dem war das Restaurant wo wir Freitag waren), Kiyomizu-dera Tempel (hier war verglichen mit dem Rest viel los) und Yasaka Schrein.

Heian-jingū Schrein

Teilweise sehen sich die Tore (nicht die Torii) vor den Schreinen ziemlich ähnlich.
Kyoto mit dem Fahrrad lohnt sich auf jeden Fall. Meistens ist es relativ flach, sodass man auch im Sommer relativ gut klarkommt.

Heute habe ich nur drei weitere Sachen geschafft, da die teilweise relativ weit außerhalb sind und es deswegen dauerte, bis man dort mit Bus und Bahn angekommen ist.
Busfahren in Kyoto ist toll! Es kostet immer 230 Yen, egal ob ich eine Station fahre oder von der ersten bis zur letzten. Für lange Strecken lohnt sich das allemal.

Heute war ich im Arashiyama Bambus Wald, der normalerweise auch vollkommen von Touristen überlaufen ist. Auch hier war es relativ leer. Danach bin ich zum Kinkaku-ji gefahren. Wie ich gelesene habe: „Fahre für eine Stunde durch die ganze Stadt, nur um dir den Tempel dann für fünf Minuten anzugucken“. Genau so ist es, gelohnt hat es sich finde ich aber trotzdem. Der ist echt schön.
Danach ging es noch zum Toji, den ich fast vergessen hatte. Die 500 Yen Eintritt kann man sich meiner Meinung auch sparen. Die große Pagode aus Holz ist schon eindrucksvoll, aber man kann sie auch gut genug von außerhalb des Geländes sehen. Daneben gibt es zwei Hallen, wo (super verstaubte) Buddhastatuen, die man nicht fotografieren darf, drin sind. Das war doch ein bisschen wenig, was ich für mein Geld bekommen habe.

Kinkaku-ji

Generell kosten fast alle buddhistischen Tempel eintritt. Mit der Ausnahme des Higashi Hongan-ji. Der ist in der Nähe der Kyoto Station und wirklich riesig. Empfohlen wird er nirgends als Sehenswürdigkeit. Ich war da, fünf Minuten bevor sie geschlossen haben, deswegen konnte ich nur ein paar Fotos machen, mich aber nicht weiter umsehen.

Warum ich für diese vier Sachen nun also acht Stunden gebraucht habe? In Arashiyama bin ich zu früh aus dem Bus ausgestiegen, musste also laufen und bin bei mehreren Souvenirshops auf dem Weg stehengeblieben, auf der Suche nach der Bahn bin ich falsch abgebogen. Auf dem Weg zum Kinkaku-ji habe ich mich ein bisschen verlaufen und alleine die Busfahrt vom Kinkaku-ji zum Toji hat 45 Minuten gedauert (aber nur 230 Yen gekostet 😉).

Morgen Mittag geht es dann mit Takeo und Tatsuya zu dem Kunden (der eigentliche Grund, warum ich dieses Wochenende schon in Kyoto bin).
Mir gefällt Kyoto um einiges besser als Tokyo. Es ist hier nicht so…hässlich. Laut Takeo gibt es hier in der Kansai Region in einigen Städten ein Höhenlimit für Gebäude, sodass es hier keine Wolkenkratzer gibt. Egal wo man in Tokyo hinschaut, sieht man Beton. Takeo sagte so schön: „Tokyo ist eine Stadt zum Arbeiten, aber nicht zum Leben.“
In der Nähe der Autobahn gibt es Reisfelder und die Stadt ist von Bergen umgeben. Allerdings ist Kyoto optisch doch nicht sooo traditionell, wie gedacht. Vielleicht war ich dafür aber teilweise auch nicht an den richtigen Orten. Eine Geisha habe ich leider auch nicht gesehen – beim nächsten Mal dann!
Fazit: drei Tage reichen für diese Stadt einfach nicht aus. Es gibt noch viele Orte, die man hätte entdecken können.

Hier noch der sehr große Higashi Hongan-ji gegenüber der Kyoto Station

Wer wildes, verrücktes und Klischeehaftes Japan will, der muss nach Tokyo. Für Kultur, Religion und haufenweise Schreine, ist Kyoto perfekt. Es hat auch nur 1,5 Millionen Einwohner, die Stadt Tokio hat knapp 10 Millionen.
Und es ist nicht so hässlich 🙃 Takeo stimmte mir zu, dass man Tokyo und New York optisch wahrscheinlich nicht wirklich auseinanderhalten könnte. Wolkenkratzer soweit das Auge reicht.

Tokyo ist eben eine Stadt zum Arbeiten und nicht zum Leben.

またね
Ina

Die zweite Woche

Hallo und willkommen zurueck.
So schnell kann eine Woche vorbei sein. Ich habe viel gesehen, hauptsaechlich Tokyo, war aber auch in Yokohama.
Yokohama ist die zweitgroesste Stadt, aber vieeel ruhiger als Tokyo. Das war wirklich unerwartet. Da war am Wochenende sogar weniger los als in Kawasaki (in Kawasaki halte ich mich aber auch meistens nur am Bahnhof auf und die sind immer voll).

Vom Praktikum kann ich leider nicht allzuviel berichten. Den Kunden durfte ich am donnerstag doch nicht mit besuchen, weil der wohl grade Ware geliefert bekommen hat, die vertraulich ist.
Aaaaber….dafuer werde ich naechsten Montag wohl mit nach Kyoto fahren. Demnach werfe ich meinen Plan fuer meine freie Woche im Anschluss an das Praktikum grade ueber den Haufen und plane um. Denn um nicht zweimal nach Kyoto zu muessen, fahre ich dort bereits am Freitag hin, mache Sightseeing, gehe Montag mit Takeo und Tatsuya zu dem Kunden und fahre anschliessend mit Tatsuya zurueck nach Kawasaki.

Heute wurden er und ich von Owada zum Mittagessen eingeladen – koreanisches Barbecue. Da gab es Wagyu, das ich glaube teuerste Rindfleisch der Welt? Es soll zumindest das Beste sein. Fuer mich Rindbanausen (das Fleisch, das ich am wenigsten gerne esse) hat es eben nach Rind geschmeckt. Es war nicht einmal gewuerzt, sodass es ohne die Sojasauce ziemlich fad war. Aber je nachdem, was fuer ein Stueck es war, war es entweder super leicht oder verdammt schwer abzubeissen.
Dabei haben sie hauptsaechlich Fragen zu Deutschland und mir gestellt. Es ging um die Deutsche Bahn (wer haette auch was anderes erwartet), warum deutsches Brot so dunkel ist und ob wir jedes Wochenende Kaffekraenzchen machen.

Arbeitstechnisch hat sich nicht so viel geandert. Ich haenge immer noch an den Einkaufs- und Verkaufszahlen. Tatsuya hat eingesehen, dass das, wie er es gerne haette, kaum moeglich sein wird. Deswegen mache ich mich als naechstes an die Inventarisierung.

Auf die Frage hin, wie das Unternehmen es denn mit der Umweltschutz sieht, meinte Owada: „Da muss ich mal drueber nachdenken. Vielleicht kannst du auch die anderen mal fragen.“ Ich habe ihm ein paar Beispiele genannt, wie es bei uns in Deutschland laeuft, aber er meinte, in Japan wuerde man da wohl nicht so sehr drauf achten. Man wisse zwar, dass es wichtig ist, aber nicht so recht, wie man da als Individuum helfen sollte.
Sie stellen die Metallrecyclingmaschinen ja nicht selbst her. Die Zeichnungen entwirft mein Vater, die Japaner kaufen die Teile von der deutschen Niederlassung und verkaufen sie an die japanischen Kunden, wo sie die zusammenbauen.
Somit ist es auch hauptsaechlich Bueroarbeit, was bei ihnen anfaellt. Und bei neun Mitarbeitern ist das wahrscheinlich nicht so viel, was man umwelttechnisch beachten koennte, wie bei 50.

Da ich waehrend des Essens erzaehlt habe, dass mich Grafikdesign interessiert, ist Tatsuya anschliessend zu mir gekommen. Er uebersetzt grade eine Broschuere ins Japanische und hat mir erklaert, dass auch bei gleicher Schriftgroesse die japanischen Zeichen groesser sind als die roemischen. Das kann unter anderem daran liegen, dass man die Kanji (die mit den vielen Strichen aus dem Chinesischen) nciht lesen kann, wenn sie zu klein sind. Vor allem auf der Homepage ist das problematisch, da die Betreiber die Inhalte auf allen Sprachen in eine Maske einfuegen und das Japanische nicht harmonisiert, da z.B. die Ueberschrift im Vergleich zum restlichen Text viel zu gross erscheint, obwohl es eben dieselbe Schriftgroesse wie im Deutschen oder Englischen ist.

Und hier kommt das erste Mimimimimi: Puenktlich zu Beginn des heissesten Monats, habe ich keine Lust mehr auf den Sommer. Am Sonntag war ich in/auf Odaiba, einer kuenstlichen Insel in der Bucht von Tokyo. Ich habe meine Entscheidung bereits bereut, als ich die Wohnung verlassen habe und auf dem Weg zum Bahnhof war. In Deutschland gibt es zwischen den Hochs meistens irgendwann ja auch ein Tief. Bisher scheint es aber nicht so, dass es hier auch so ist. Tagsueber immer ueber 30 Grad (morgen sollen es sogar 38 Grad werden) und Nachts ist es auch selten unter 26 Grad.
Ich hoffe sehr, dass ich das Wochenende in Kyoto ueberstehe und trotzdem alles abklappern kann, was ich mir vorgenommen habe. Denn Kyoto ist die Stadt, auf die ich mich mit am meisten freue.
August ist auch Taifun-Saison. Ich hoffe einfach, dass mir waehrend meiner Zeit hier, keiner einen Strich durch die Rechnung macht.

Von der Bahn/Metro bin ich uebrigens immer noch begeistert! Sie hat zwar ein paar wenig Sitzplaetze aber das ist okay. Am Freitag folgt dann die erste Fahrt mit dem Shinkansen.

またね
Ina

Die ersten Tage

Hallo,

Ich bin gut in Japan angekommen, und dachte, ich teile mal meine Erlebnisse. Da der Laptop, den ich hier bekommen habe, keine Umlaute hat, werde ich dementsprechend anders schreiben.

Samstag, 23.07.
9.30 Uhr: Ankunft am Frankfurter Flughafen
10.00 Uhr: fertig mit Gepaeckabgabe und Sicherheitskontrolle. Da die Sommerferien in Hessen an diesem Wochenende beginnen, will ich auf Nummer sicher gehen. Jetzt heisst es, vier Stunden Zeit totschlagen, bis der Flug geht.
13.10 Uhr: Einlass am Gate
13.55 Uhr: geplanter Abflug. Da das Flugzeug auf der hintersten Ecke des Flughafens steht, dauert die Abfertigung etwas laenger.
14.30 Uhr: Abflug

Pilot sagt, dass der Flug 11:40 Stunden dauert, laut Flugplan sind es 12:50 Stunden.

Mein Plan ist, wach zu bleiben und die letzten Stunden zu schlafen, da Ankunft Ortszeit 9.45 Uhr morgens ist.
Der Plan scheitert. Habe vergessen, wie laut und kalt Flugzeuge sind. Musik und Oropax bringen beide nichts. Vergeblich versuche ich, die letzten 6 Stunden des Fluges zu schlafen. Als ich kurz davor bin, es doch zu schaffen, wird das Fruehstueck gebracht (0.30 Uhr).

Ankunft in Haneda um kurz nach neun. Der Parkplatz ist noch besetzt, weswegen wir ca. 20 Minuten warten muessen, bevor das Flugzeug verlassen werden darf.
Nach dem Ausstieg, erst mal Toilette ausgesucht. Dass es die 乙姫 (Oto-hime / Klangprinzessin) bereits am Flughafen gibt, habe ich erwartet. Aber nicht so!
Die Tueren zu den Toiletten sind offen, wenn man daran vorbei geht, geht in der Schuessel Licht an und die Toilette gibt ein Geraeusch von sich. (Ich wollte davon ein Video machen, doch es kamen immer Leute rein.) Wenn man sich hinsetzt ertoent, ausgeloest durch einen Bewegungsmelder, ein Rauschen, damit man sich fuer die Geraeusche, die man waehrend des Geschaeftes so von sich gibt, nicht schaemen muss. Abgezogen wird auch teilweise automatisch, wenn man aufsteht. Das Klopapier ist dafuer super duenn.

Hier ein Foto der Funktionen der Toilette in meiner Wohnung
Stopp; Bidet; Intimdusche; Wasserintensitaet; Klobrillenheizung; Wassertemperatur; An/Aus
Bisher ueberzeugt mich das noch nicht so.

Nach dem ersten Klo-Erlebnis also durch den ganzen Flughafen gelaufen, fuer die Corona-Kontrolle, nur um am Ende wieder da rauszukommen, wo ich ausgestiegen bin. Damit man den Weg zu dem Gesundheitscheck auch bloss nicht verfehlt, stehen alle paar Meter Menschen herum, die ein Schild haben, auf dem die Richtung und ggf. Bilder der Dokumente sind, die man an der naechsten Station rausholen muss. Aus Sicht von Deutschen absolut unnoetige Jobs. Davon gibt es hier aber mehrere.

Endlich an der Gepaeckausgabe angekommen, hiess es warten. Dadurch dass ich die erste in Frankfurt war, war mein Koffer entsprechend weit hinten im Flugzeug.
Als ich auch den Koffer endlich hatte, gings nach draussen. Dort wartete bereits Tatsuya, der Kollege meines Vaters, der mich abholte.
Da mein Vater meinte, er wuerde „ordentlich“ Englisch sprechen, habe ich nicht erwartet, dass die zweite Frage, die er mir stellt, – auf japanisch – ist, ob es okay ist, wenn wir japansich sprechen. Mein Vater hat eben wieder mal masslos uebertrieben, als er denen geschrieben hat, ich wuerde ein bisschen japanisch sprechen.

Ab zum Auto. Bin auch direkt auf der richtigen Seite eingestiegen. Immerhin weiss ich ja, dass hier Linksverkehr herrscht.
Erst einmal Einkaufen. In der gemieteten Wohnung gibt es keine Toepfe, Pfannen etc.
Dabei sagte Tatsuya, dass ich nach 22.00 Uhr nicht mehr raus gehen solle, da Kawasaki nicht die sicherste Stadt sei. Meine Antwort darauf war nur: „Mit Sicherheit sicherer als einige deutsche Staedte.“
Dann wurde ich an der Wohnung abgesetzt und alleine gelassen. 12.15 Uhr.
Vor allem anderen, erst einmal die Klimaanalage anmachen, dann Koffer ausraeumen.
Dann fast verzweifelt: SIM-Slot des Handys geht nicht auf, auch in einem Elektronikfachmarkt bekommen die das nicht hin. Ohne Google Maps bin ich aber aufgeschmissen. Nehme also erst einmal das tragbare Wlan aus der Wohnung mit. Dann ab nach Tokyo. Dort aus dem Bahnhof raus, will nach Ginza. Laufe in die falsche Richtung, also weiter geradeaus und zum Kaiserpalast. Dann vom Kaiserpalast aus nach Ginza. Oder auch nicht, wieder falsch gelaufen… Daher also zum Zug und zurueck nach Kawasaki. Dort kurz was essen und um halb zehn ins Bett. War ja auch ein langer Tag.

Montag, 25.07.
Um 10.00 Uhr gehts ins Buero. Dort ist die erste Frage, ob ich meinen PC dabei habe. Ich verneine, hat mir ja keiner gesagt, nur mein iPad ist dabei. Offensichtliches Stirnrunzeln.
Da Tatsuya wohl auch nicht so recht wusste, was er mit mir machen soll, sind wir ins Lager nach Yokohama gefahren, haben ein bisschen Chaos bgutachtet, ich habe gelernt wie die Hammer in einem Schredder befestigt werden und sich drehen und dann ging es auch schon Mittagessen. Im Auto hatte ich ihm von meinem Internet-Problem erzaehlt, sodass er mir kurzerhand eins altes Handy fuer die japanische SIM geliehen hat. „Ich brauche das nicht mehr, du kannst es also mit nach Deutschland nehmen.“ Das habe ich natuerlich nicht vor!!!
Auf die Frage, warum fast alle Japaner draussen eine Maske tragen, selbst wenn keiner in der Naehe ist, meinte er: „Weil sonst Leute kommen und einem ins Gesicht schlagen.“ Wie ernst das gemeint ist, weiss ich nicht. Weil ich das ehrlich gesagt auch nicht vertanden habe.
Um 14.00 Uhr kam er dann zu mir und sagte: „Ich werde jetzt einen Laptop fuer dich besorgen. Wie du siehst, arbeiten die meisten remote. Deswegen musst du auch nicht jeden Tag kommen. Weil unnoetige Aufgaben will ich dich jetzt auch nicht machen lassen. Viel Spass beim Sightseeing.“
Damit war der erste Arbeitstag nach vier Stunden also auch schon vorbei.
Nachdem ich einkaufen war, hatten wir bereits 16.00 Uhr. Da drei Stunden spaeter die Sonne schon untergeht, habe ich mich dagegen entschiedenm noch nach Tokyo zu fahren. Also „Sightseeing“ durch Kawasaki – a.k.a. durch die Shopping-Mall am Bahnhof und das Einkauszentrum gegenueber (wo es die kuerzeste Rolltreppe der Welt gibt) laufen. Das ist so riesig, das erwartet man nicht!

Das (noch) etwas chaotische Lager

Dienstag, 26.07.
Wieder um 10.00 Uhr ins Buero. Tatsuya gibt mir einen kleinen Laptop und erklaert mir die Aufgabe. „Hier hast du die Einkaufs- und Verkufszahlen mit 6.000 bzw. 12.000 Zeilen. Kannst das ja mal inventarisieren und die Bestelzeitpunkte berechnen. Bekommst du das hin? Arbeitszeiten sind uebrigens von 10.00 bis 17.00 Uhr, Pause kannst du machen wann du willst. Ich gehe aber meistens auch zwischen 13.00 und 14.00 Uhr nach Hause und arbeite von da weiter. Du musst also auch nicht den ganzen Tag hier bleiben.“
Joa, irgendwie krieg ich das schon gebacken. Sind ja nur mehrere hundert Produkte und tausend ueber tausend Zeilen in einer Excel-Tabelle.

So sieht eine japanische Tastatur aus


Nach einer Weile kommt er wieder zu mir. „Ich habe jetzt ein Meeting mit Takeo (dem Big Boss.) Willst du dabei sein, damit er auch mal dein Gesicht sieht?“
Takeo wohnt in Nara und ist demnach nicht im Buero. Ausserdem ist er derjenige, den mein Vater wegen alldem hier gefragt hat.
Sie haben also den Marketingplan fuer dieses Jahr besprochen. Zwischendurch hat Tatsuya mir gesagt, worueber sie geredet haben. Er hatte mich zwar gefragt, ob sie das auf Englisch besprechen sollen, doch das wollte ich ihnen nicht antun.
Dann kam die Frage aller Fragen: Faellt dir ein typisch deutsches Werbegeschenk fuer unsere Kunden ein?
Da ich damit nicht gerechnet habe, war meine erste Antwort das, was es in Deutschland auch oft gibt: Flaschenoeffner. Nach ein paar weiteren Minuten hatte ich dann die „grandiose“ Idee: Lederhosen-Schluesselanhaenegr mit derm Firmennamen drauf. Mal gucken, wofuer die sich letztenendes enstscheiden.

Um 14.30 Uhr wurde ich dann aus dem Buero geworfen, weil Tatsyua – wie bereits angekuendigt – ins Homeoffice gewechselt ist.
Also ab nach Tokyo. Diesmal habe ich Ginza – das Reichenviertel – gefunden. Sieht irgendwie aus wie der Rest der Stadt. Dort erst einmal in einem Konbini (24-Stunden Laden) einen Regenschirm fuer 10 Euro gekauft. Es war den ganzen Tag bewoelkt und hat immer wieder angefangen zu regnen. Als es das naechste Mal angefangen hat, hatte es auch wieder aufgehoert, bis ich den Schirm aus der Tasche grkamt hat. Es war den ganzen Tag laos ziemlich schwuel, bei ca. 26 Grad, doch das war erstaunlich gut auszuhalten.
Von Ginza aus zum Tokyo Tower, natuerlich erst mal in die falsche Richtung. Dort war ich um 17.00 Uhr durch. Rushhour in der Bahn, also noch ein bisschen Zeit vertieben. Nach Roppongi, ein bekanntes und beliebtes Vergnuegungsviertel. Als ich dort den Weg nicht gefunden habe, kam direkt ein Sicherheitsmann und hat mich gefragt, was ich suche. In Kawasaki spricht kaum jemand Englisch, obwohl es ja die 9. groesste Stadt ist. Und wenn ich da planlos rumstehe, spricht mich auch niemand an. Mal gucken, ob das in Tokyo noch oefter passieren wird, weil sie dort mehr an Auslaneder gewoehnt sind.

Um 19.00 Uhr habe ich mich dann auf den Rueckweg gemacht. Die Rushhour war da leider noch nicht vorbei. Zum Glueck war der Wagen, in den ich gestiegen bin, aber nicht ganz so voll. Auch wenn Mittags noch ein paar Leute in der Bahn miteinander reden, ist es abends totenstill. Die einzige Stiimme, die man hoert, ist die des Lokfuehres, wenn der einen halben Roman redet, oder wenn die Durchsage gemacht wird. Die ist dort uebrigens zusaetzlich noch auf Englisch.

„Typisch japanisch“ in Roppongi. Doener habe ich hier ehrlich gesagt nicht erwartet.

Ich habe schon oefter gehoert, dass Auslaneder in Japan teilweise ziemlich angestarrt werden. Ob die Leute mich nun angucken, weil ich Auslaender bin, oder ob ihr Blick beim Durchdiegegendschauen nur zufaellig an mir haengen bleibt, kann ich nicht sagen. Auch habe ich noch nicht bewusst mitbekommen, dass sie ueber mich reden (gaijin = Auslaender). Vielleicht kommt das noch, vielleicht auch nicht.

So, das war es von den ersten drei Tagen. Am Donnerstag gehen Tatsuya und ich einen Kunden auf dem Schrtottplatz (?) besuchen. Er dachte erst, ich wuerde nicht mitwollen, weil es da dreckig ist und sich das fuer eine Frau nicht gehoert, an so einem Ort zu sein.
Pffft, solange ich meine weisse Hose an dem Tag nicht trage, ist das mir doch egal.
Mal schauen, was noch so auf mich zukommt.

またね
Ina

Bevor es los geht…

Hallo und herzlich Willkommen!

Erst einmal zu mir: ich bin Ina, 21 Jahre alt und habe Anfang Juni meine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement abgeschlossen.

Mein Praktikum wird mich für drei Wochen nach Japan führen. Bis dahin war es ein langer Weg…
Aber warum überhaupt Japan?
Nun, 2013 habe ich die Anime und Manga-Szene für mich entdeckt und möchte ab Oktober „modernes Japan“ studieren. Um einen ersten Einblick von dem Land selbst zu bekommen und dadurch herauszufinden, ob der Studiengang wirklich für mich geeignet ist, eignet sich ein Auslandsaufenthalt ja hervorragend.

Warum mache ich also ein Auslandspraktikum? – Weil es eine einmalige Gelegenheit ist und ich blöd wäre, diese auszuschlagen. Wie ich aktuell so gerne sage: Ich würde das Praktikum sogar bei der Müllabfuhr machen, wenn das die Gelegenheit wäre, das Land einmal zu sehen.
Glücklicherweise muss ich aber nicht zur Müllabfuhr. Das Unternehmen, für das mein Vater arbeitet, hat dort eine Niederlassung. Metallrecyclingmaschinen sind zwar voll nicht mein Fachgebiet, aber ich wiederhole: ich würde auch zur Müllabfuhr gehen!

Von dem Praktikum wünsche ich mir daher, dass es mir einen Einblick in die Kultur und das Leben in Japan verschafft und meinen Wunsch das Studium anzutreten bestärkt.

Was nehme ich mir vor? – Nicht zu direkt zu sein. 😅 Um mich also anzupassen und den Japanern nicht auf den Schlips zu treten, werde ich versuchen, mich zurückzuhalten. Ich will ja nicht, dass mein Vater vor seinen Kollegen dort das Gesicht verliert. 😁
Und mich nicht zu sehr über das Wetter beschweren. Im Sommer wird es dort tropisch (immerhin haben die überall Klimaanlagen). Aber ich hasse Hitze und Sommer… 🥵 Mimimimimi.

Ist mir bei der Vorbereitung irgendwas interessantes passiert? – Bisher nicht wirklich. Um die Unterkunft haben sich netterweise die Kollegen meines Vaters gekümmert, heißt, ich habe keine Ahnung, was mich dort erwartet. Sogar vom Flughafen werde ich abgeholt. Verlaufen werde ich mich aber natürlich trotzdem. Ein Highlight war bisher die Nachricht, dass ich mehr Geld von der EU bekomme, als zuerst angenommen. Durch diese Erhöhung sind immerhin die Kosten für Flug und Unterkunft gedeckt. 🥳

Los geht es am 23. Juli und zurück komme ich am 20. August. Wer rechnen kann, dem fällt auf, dass es sich hierbei um vier Wochen handeln. Denn im Anschluss an das Praktikum mache ich dort noch eine Woche Urlaub. 🌚 Immerhin will ich von dem Land ja auch ein bisschen was sehen!

So, damit verabschiede ich mich erst einmal. Am Donnerstag ist noch der Termin für den PCR-Test und dann steht mir nichts mehr im Weg. Außer der anderen Passagiere am Frankfurter Flughafen.

Bis nächste Woche, oder wie man in Japan sagt: またね